Auf dem Übungsplan steht heute noch ein Krafttraining. Der Arbeitstag war lange und stressig. Sie sind hungrig, denn Ihr Mittagessen – ein Putenstreifensalat – ist schon ein paar Stunden her. Aber bevor Sie es sich zu Hause zu gemütlich machen, gehen Sie ins Fitnessstudio. Schnell noch eine kleine Flasche Obst-Smoothie getrunken – und los geht’s. Doch schon bald merken Sie, dass es heute irgendwie nicht läuft. Sie fühlen sich müde und kraftlos und Ihre Verdauung rebelliert. Was ist hier schiefgelaufen? Und wie können Sie es besser machen? Die Diätologin und ASVÖ-Referentin Mag. Nina Kienreich erklärt, wie gesunde Ernährung für Hobby- und Leistungssportler*innen gelingt.
Wie sieht eine sportgerechte Basisernährung aus?
Die Schweizerische Gesellschaft für Sporternährung (SGE) entwickelte bereits 2005 eine eigene Lebensmittelpyramide für Sportlerinnen und Sportler, die ca. fünf Stunden und aufwärts pro Woche trainieren. In der Praxis hat sich anstelle der Lebensmittelpyramide aber das anschaulichere Tellermodell bewährt, das die optimale Lebensmittelzusammenstellung anhand eines Tellers darstellt. Welche Bausteine sollten bei jeder Hauptmahlzeit auf Ihrem nährstoffoptimierten Teller enthalten sein?
Eiweiß als Baumaterial
Ein Viertel des Tellers besteht aus Eiweiß. Dieses wird im Körper nicht nur für den Muskelaufbau, sondern auch für die Produktion von Enzymen und Hormonen, das Immunsystem und für Transportproteine benötigt. Damit Sie alle essenziellen Aminosäuren aufnehmen, sollten die Eiweißquellen immer wieder abgewechselt werden. Zu den Eiweißlieferanten zählen: Fleisch, Geflügel, Fisch, Ei, Milch und Milchprodukte (Joghurt, Käse, Buttermilch, Topfen), Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Erbsen, Kichererbsen, Soja) und Produkte aus Hülsenfrüchten (z.B. Tofu, Sojadrink, Sojagranulat, Aufstriche wie Hummus), Seitan (aus Weizeneiweiß) und Fleischersatz aus Pflanzenprotein wie z.B. aus Lupinen oder Erbsen.
Kohlenhydrate als Treibstoff
Ein Viertel bis eine Hälfte des Tellers ist für Kohlenhydrate reserviert, den Treibstoff für Muskeln und Gehirn. Es gibt schnell verdauliche Kohlenhydrate mit hohem glykämischen Index, die wie Papier verbrennen und die den Blutzucker schnell ansteigen, aber auch wieder schnell abfallen lassen. Dazu zählen Weißmehlprodukte, Kuchen, weißer Reis oder gezuckerte Getränke. Ein übermäßiger Verzehr gefährdet die Mikronährstoffversorgung und kann zu einem Hungerast, einer Unterzuckerung während der Belastung durch überschießende Glukose- und Insulinspiegels führen. Langsame Kohlenhydrate wiederum brennen wie Hartholz und halten den Blutzuckerspiegel lange konstant. Dazu zählen z.B. ganze Getreidekörner, Haferflocken, Vollkornbrot, Kartoffeln im Ganzen oder Nudeln aus Hülsenfrüchtemehl oder Hartweizen.
Gemüse und Obst als Werkzeuge für den Stoffwechsel
Eine Hälfte des Tellers beanspruchen Vitalstoffe in Form von Vitaminen und Mineralstoffen aus Gemüse und Obst. Sie dienen als Werkzeuge für den Stoffwechsel. Bei sportlicher Belastung gelten Kalium, Magnesium, Eisen, Zink, Vitamin C sowie die Vitamine B1 und B2 als kritisch. Viele davon können Sie sehr gut über Gemüse und Obst zuführen, denn im Mix in Lebensmitteln sind sie vom Körper viel besser aufnehmbar als isoliert in Kapselform. Generell gilt: Egal ob roh, gekocht, angebraten, gegrillt, fermentiert oder eingelegt – je bunter Ihr Teller, desto besser. Vom Obst sollten Sie wegen dem Fruchtzucker nur etwa zwei bis drei Hände pro Tag essen, denn zu viel Fruchtzucker kann zu Verdauungsproblemen führen.
Hochwertige Fette und Öle
Wichtiger Bestandteil einer Mahlzeit sind auch 1-2 Esslöffel hochwertige Fette und Öle. Diese sind notwendig für den Geschmack, die Aufnahme fettlöslicher Vitamine, sowie für Sättigung und Hormonhaushalt. Empfehlenswert sind Olivenöl, Rapsöl, Leinöl, Nussöle, Nüsse, Kerne und Samen, und Nussmus. Weniger günstig sind industriell verarbeitete gesättigte Fette wie sie in Wurstwaren, fettreichem Fleisch, industriell gefertigten Backwaren (z.B. Fertigmehlspeisen, Krapfen, Waffeln, Kekse etc.) und Knabbersnacks wie Chips und Flips enthalten sind.
Ein Rezept zum Nachmachen für eine schnelle einfache Basismahlzeit, die sich auch gut zum Mitnehmen eignet:
Couscous-Salat
Zutaten für 1 Portion:
Gemüse waschen. Paprika und Jungzwiebel klein schneiden, Karotte grob raspeln. Wasser im Wasserkocher erhitzen. Couscous mit heißem Wasser bedecken und ca. 10 min ziehen lassen. Aus Zitronensaft, Olivenöl, Salz, Pfeffer und Petersilie ein Dressing zubereiten. Couscous mit Gemüse und Cottage Cheese vermischen und mit dem Dressing anmachen. Vor dem Verzehr alles gut durchziehen lassen.
Die drei wichtigsten Praxistipps für Ihren Ernährungsalltag im Sport
Oft brauchen Sie keinen ausgeklügelten Speiseplan, um Ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Mit folgenden drei Tipps legen Sie einen optimalen Grundstein für Ihre Ernährung rund um den Sport:
Fett- und ballaststoffreiche Lebensmittel liegen lange im Magen. Auch große Nahrungs- und Flüssigkeitsmengen auf einmal brauchen länger, bis sie den Magen verlassen. Achten Sie daher darauf, dass Sie Ihre Mahlzeiten gut über den Tag verteilen. Zwischen einem Frühstück bzw. einer Zwischenmahlzeit und dem Sport sollten 1-1,5 Stunden liegen, nach der Hauptmahlzeit sollten sogar 2-3 Stunden vergehen. Rund um die Belastung gilt: fettarm und ballaststoffarm essen sowie Eiweiß und Kohlenhydrate kombinieren.
Was können Sie wann essen?
In den 2 Stunden vor der Belastung, in den Pausen | Sandwich oder Weißbrot mit magerem Belag (magerer Käse, Frischkäse, Schinken, Topfenaufstrich, pflanzlicher Aufstrich), Nudel- oder Couscous-Salat, Hirsebrei, Porridge, Nüsse (in Maßen, gut kauen!), Beeren-/Buttermilch, Energiekugeln, Sportriegel, Müsliriegel, Fruchtschnitte, |
Während der Belastung | Sportgetränke, Kohlenhydrat-Gels, reife Bananen, geschälte Äpfel, Trockenfrüchte (in Maßen), gekochte Maroni, Kartoffelpüree, Grissini, Biskotten |
Nach der Belastung | unmittelbar nach Belastung: Sportgetränk, verdünnte Fruchtsäfte. In der ersten Stunde nach der Belastung: 20g Eiweiß + 60g Kohlenhydrate, z.B. 100g Fischfilet + 200g Reis, 80g Müsli + 150g Magertopfen, 3 Scheiben Mischbrot + 70g Tilsiter, 2 Bananen + 1 Proteinriegel |
Rezept für einfache Energiekugeln:
Zutaten für ca. 20 Stück:
Mandeln, Datteln, Kakaopulver bzw. Cranberrys, Vanillepulver und Salz in einen Multi-Zerkleinerer oder Mixer geben und alles gut durchmixen. Mit einem Esslöffel etwas Masse herausnehmen, mit feuchten Händen kurz zusammendrücken und zu Kugeln formen. Nach Geschmack in Kokosraspeln wälzen. Die Energiekugeln sind in einer luftdichten Dose etwa 1 Woche haltbar.
Ein weiterer leistungslimitierender Faktor ist der Flüssigkeitshaushalt, denn während der Belastung gehen große Mengen verloren: Untrainierte produzieren etwa 0,8 Liter Schweiß pro Stunde, während Trainierte bis zu 3 Liter pro Stunde herausschwitzen können. Bereits ab 3 Prozent Verlust des Ausgangsgewichtes einer Person (bei 70 kg sind das 2 Liter), ist die sportliche Leistung beeinträchtigt.
Trinken Sie daher am besten schon vor der Belastung ausreichend. Bei einer Trainings- oder Wettkampfdauer von unter einer Stunde genügt Wasser. Ab einer Stunde sollte das Getränk auch Natrium (z.B. in Form von einer Messerspitze Salz) und 30-60 g Kohlenhydrate für das Nachfüllen der Glykogenspeicher beinhalten. Der Magnesiumgehalt sollte 100 mg pro Liter nicht übersteigen, da zu viel Magnesium Durchfall fördert. Unverdünnter Fruchtsaft oder Limonaden sind für den Flüssigkeitsersatz nicht geeignet, da sie dem Körper wegen dem höheren osmotischen Druck Wasser entziehen und zu Bauchschmerzen führen können.
Hier ist ein einfaches Rezept für die Herstellung eines Sportgetränks auf Fruchtsaftbasis (1 Liter): 250 ml Saft (Apfelsaft, Multivitaminsaft, Johannisbeersaft o.Ä. …), 750 ml Leitungswasser, 1 Messerspitze Salz, 50 g Maltodextrin (in der Apotheke und im Sporternährungshandel erhältlich).
Sporternährung wird häufig mit einer besonders eiweißreichen Ernährung gleichgesetzt. Doch wenn man sich nicht ausschließlich pflanzlich ernährt – und selbst da ist eine ausreichende Eiweißversorgung ohne Spezialpräparate gut möglich – sind Riesenportionen an Fleisch, Eiern und Milchprodukten oder Proteinshakes in der Regel nicht nötig. Ein Zuviel an Eiweiß kann zu Magen-Darm-Problemen führen, macht wegen dem Anfall von Ammoniak als Stoffwechselendprodukt müde und belastet Säure-Basen-Haushalt und Nieren.
Am besten wählen Sie Eiweißquellen, die gut verträglich, also fettarm wie Fisch oder magere Milchprodukte, und hochwertig, d.h. aus biologischer Landwirtschaft, sind. Wenn Sie zumindest zwei Drittel pflanzliche Eiweißquellen und nur ein Drittel tierische wählen, dann tun Sie auch noch etwas fürs Klima.
Ein durchschnittlicher Eiweißbedarf von Sportler*innen von 1,5 g pro kg, das entspricht 50-60g Eiweiß für eine 70kg schwere Person, ist mit 250g Joghurt, 150 g Fisch und 50g Käse problemlos zu decken. Bei einer rein pflanzlichen Ernährung sind z.B. 200g Sojajoghurt mit 50g Haferflocken und 20g Nüssen, 70g Erbsen, 200 ml Sojadrink und 100g Tofu dafür nötig. Für einen Muskelaufbau von ca. 5kg reine Muskelmasse pro Jahr wäre täglich ein halbes Ei zusätzlich ausreichend.
FAZIT: Bei allen Empfehlungen zur optimalen Ernährung im Sport sollte man aber trotzdem nicht vergessen, dass Essen auch Spaß machen und Genuss bedeuten darf. Sich allzu streng an Regeln und Pläne zu halten kann letztlich auch zu einem ungesunden Essverhalten führen. Auch für die Ernährung gilt das Pareto-Prinzip: 80 Prozent der Ergebnisse werden mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht. Wenn Sie gut auf Ihren Körper hören und auf Ihr Hunger- und Sättigungsgefühl achten, dann haben Sie schon sehr viel richtig gemacht.
Weitere Infos zu Nina Kienreich und ihrer Methode „ESSEN ENTSTRESSEN“.
Fotos: ©Nina Kienreich und ©iStock
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