Der lange Weg zum größten Dachverband

Aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges bildete sich die Zweite Republik heraus, auch der Sport in Österreich organisierte sich neu. Neben den politisch ausgerichteten Dachverbänden ASKÖ und SPORTUNION wurde das Verlangen nach einem überparteilichen, unabhängigen Sportdachverband unüberhörbar. Föderalistisch organisiert, verschaffte sich der ASVÖ bald den Respekt unabhängiger Sportfachverbände und etablierte sich als feste Größe im österreichischen Sport. 74 Jahre nach der Verbandsgründung ist der ASVÖ in allen wichtigen Gremien im österreichischen Sport eine starke Stimme für seine mehr als 5.400 Vereine und 8.200 Sektionen mit über einer Million Mitgliedschaften.

Um bei der Neuorganisierung des Sports wirklich allen Vereinen, auch den politisch unabhängigen, Zugang zu den Erträgen des damals neu geschaffenen Sport-Totos zu ermöglichen, war ein dritter Dachverband zwingend erforderlich geworden – der unabhängige Allgemeine Sportverband Österreichs. Die Anerkennung des ASVÖ war bereits gegeben, noch bevor dieser seine konstituierende Generalversammlung abgehalten hatte. Am 30. März 1949 berief Minister Dr. Hurdes die Dachverbände zu einer Sitzung ein, um einen Bundessportbeirat als beratendes Organ für die Regierung zu schaffen. Der ASVÖ hatte auch maßgeblichen Anteil, als kurz darauf neue Statuten für das ÖOC ausgearbeitet wurden. Die Vorbereitung der Gründungsversammlung war unterdessen soweit gediehen, dass am 26. Juni 1949 im „Internationalen Haus“ in Wien die Geburtsstunde des ASVÖ schlagen konnte.

Auszug aus der Rede von Ministerialrat Dr. Kollars, Leiter der Abteilung Sport im Unterrichtsministerium:

„Der heutige Tag ist von großer Bedeutung für den österreichischen Sport. Mit der Gründung des Allgemeinen Sportverbandes Österreichs haben bewährte Funktionäre eine bedeutende Verantwortung übernommen. Der Staat nimmt großes Interesse am Allgemeinen Sportverband, damit jeder Österreicher frei, ohne Rücksicht auf seine Weltanschauung und politische Einstellung, Sport ausüben kann. Hier haben alle Vereine zusammengefunden, die den Sport neutral und unabhängig ausüben.“

In kurzer Zeit erarbeitete sich der ASVÖ eine führende Stellung im österreichischen Sport. Schon zum zehnjährigen Bestandsjubiläum 1959 konnte man auf 1.294 Verbandsvereine mit 204.063 Mitgliedern verweisen. Als Breitensportverband war von jeher auch die sporttreibende Jugend im Mittelpunkt. Ab 1954 wurden abwechselnd in allen Bundesländern ASVÖ-Jugendsportfeste ausgerichtet. Den Auftakt zum 30-jährigen Verbandsjubiläum 1979 machten in Zell am See erstmals die „Internationalen ASVÖ-Jugendspiele“. 1.600 Jugendliche aus 22 Ländern nahmen an den Wettkämpfen in 14 Sportarten teil.

Was 1949 mit 506 Vereinen begann, war nach 50 Jahren 1999 zu einer stolzen Bilanz mit 4.109 Vereinen bei einem enormen Mitgliederzuwachs gediehen. Welch hervorragende Arbeit in den Vereinen geleistet wurde, dokumentierte das Sportfest „50 Jahre ASVÖ“ im Rahmen des Fußball-Länderspieles Österreich gegen Spanien. Vor der herrlichen Kulisse des vollbesetzten Wiener Ernst-Happel-Stadions drehten die ASVÖ-Sportler*innen der fünf Jahrzehnte im Autokorso eine Ehrenrunde. Die Liste der Geehrten liest sich wie das Who is Who des österreichischen Sports: Ingrid Wendl, Toni Sailer (50er Jahre), Christl Haas, Karl Schranz (60er Jahre), Annemarie Moser-Pröll, Franz Klammer (70er Jahre), Gerda Winklbauer, Toni Innauer (80er Jahre), Anita Wachter, Alois Stadlober (90er Jahre).

Mit dieser imponierenden Leistungsschau des halben Jahrhunderts machte sich der ASVÖ fit für die Anforderungen des neuen Jahrtausends und passte sein Leitbild den neuen Anforderungen an. Österreichs größter Dachverband geht mit der Zeit, widmet sich auch nach mehr als 70 Jahren weiter ambitioniert der kompromisslosen Förderung des Sports in allen seinen Spielarten an der Vereinsbasis. Großes Ziel ist es, mehr Menschen zu regelmäßiger Bewegung zu bringen. Als Breitensport-Dachverband hat der ASVÖ hier eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion und sorgt mit seiner neutralen Positionierung und seiner rein an fachlichen Kriterien ausgerichteten Arbeit für den notwendigen Ausgleich. In der Bundes-Sportorganisation (heute Sport Austria) hat der ASVÖ stets in diese Richtung gewirkt und sich konstruktiv eingebracht. Der Mitgliederzuwachs auf über 5.400 Vereine bestätigt eindrucksvoll das Bedürfnis nach einer überparteilichen Interessenvertretung im Breitensport an der Vereinsbasis. Zudem hat der ASVÖ stets auf eine direkte Weiterleitung der Sportfördermittel bei möglichst niedrigem Verwaltungsaufwand geachtet – dafür wird er von seinen Mitgliedern geschätzt.

Seit der Gründung der Initiative „Fit für Österreich“ und der Einrichtung des bundesweiten Netzwerks zur Bewegungsförderung im Jahr 2005 hat sich der ASVÖ intensiv in gesundheitssportliche Schwerpunkte eingebracht. Mit der „Richtig Fit“-Aus- und Weiterbildungsreihe positionierte sich der Verband als kompetente Serviceeinrichtung für seine Vereine. Die „Fit für die Zukunft“-Vereinsberatung stellt einen weiteren Schritt zur professionellen Betreuung und Entwicklung Mitgliedsvereine dar. Diese zentralen Aufgaben werden durch vielfältige Serviceleistungen und Veranstaltungsreihen auf Landesverbandsebene wesentlich verstärkt. Gemeinsam werden im Vorfeld des 75-jährigen Bestehens zukunftsweisende Handlungsfelder – Nachhaltigkeit, Geschlechtergleichstellung, Good Governance, Integration und Inklusion, Digitalisierung – bearbeitet und neue Maßnahmen entwickelt. Sport ist stets ein Abbild der gesellschaftlichen Megatrends und Verhältnisse. Der ASVÖ ist für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt.