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Geschichten-reiches Kopfsteinpflaster

13. Oktober 2023
Mag.a Isabelle Zekely, MSc
Mag.a Isabelle Zekely, MSc
Mag.a Isabelle Zekely, MSc, Öffentlichkeitsarbeit im ASVÖ, begeistert der Traditionslauf.

Am 7. Oktober feierte der Wiener Höhenstraßenlauf sein 75. Jubiläum. Perfekter Zeitpunkt, um die Entwicklung des ältesten, kontinuierlich durchgeführten Straßenlaufs Europas von den Anfängen bis zur heutigen Traditionsveranstaltung Revue passieren zu lassen. 

Mit „Superkraft“ vom Leopoldsberg zur Marswiese

Selbstbewusst zieht Thomas Jonas am Ausgangspunkt des Wiener Höhenstraßenlaufs, dem Parkplatz Leopoldsberg, sein Superman-T-Shirt über. Und die Superkraft des Comic-Trikots scheint zu wirken: Der Leichtathlet läuft mit einer Zeit von 51.24 Minuten auf der Marswiese. als Sieger des heurigen sportlichen „Herbstklassikers“ im Ziel ein. Am schnellsten war allerdings der Kenianer Geoffrey Gikuni-Ndungu, der als bisheriger Rekordhalter mit 42.12 Minuten im Jahr 2008 die 14,3 kilometerlange Strecke über die Wiener Höhenstraße schaffte.

Suche nach sportlicher Herausforderung

Höhenstraßenlauf 1

Aber zurück zum Start. Begonnen hat alles mit der Suche nach einer sportlichen, herausfordernden Aufgabe. Sektionsleiter des Reichbundes Fußball, Demeter Stefanovitsch, und Generalsekretär für Turnen und Sport, Karl Reinelt, diskutierten im Jahr 1949 darüber, ob die schwierige Höhenstraße als Laufstrecke bewältigbar sei. Am 18. September ging schließlich die sportliche Veranstaltung über die Bühne. Am selben Tag wurde auf der renovierten Sportanlage Marswiese das Fußballmatch Reichsbund Innsbruck gegen Reichsbund Wien durchgeführt, das die Tiroler mit 3:2 Toren für sich entscheiden konnten. Zum ersten Lauf fand sich laut Das Kleine Volksblatt die Langstreckenläufer-Elite ein. 25 Teilnehmer gingen an den Start. Sieger wurde Johann Fiala, Sokol Brünn, der die ursprünglich 15 km lange Route mit einer Zeit von 49.09 Minuten durchlief. Gefolgt von Rapidler Ferdinand Muschik mit 49.18 Minuten.

Aufgrund des positiven Echos der Leichtathleten setzte Organisator Karl Reinelt den Lauf jedes Jahr am ersten Samstag im Oktober fort. Waren es in den Anfangsjahren nur rund ein bis zwei Dutzend Athleten, die teilnahmen, verzeichnete der Höhenstraßenlauf zu seinem 50. Jubiläum seine Höchstteilnehmerzahl – und knackte die 800er-Marke.

Höhenstraßenlauf Frauen

Frauen am Start erst ab 1973

„Einem allgemeinen Trend in der Leichtathletik folgend, galt der Höhenstraßenlauf lange Zeit als Männerdomäne. Frauen durften erst ab 1973 antreten“, erklärt Mag. Roland Herzog, seit mehr als 25 Jahren Veranstalter des Wiener Traditionsevents, ASVÖ-Wien-Vizepräsident und Obmann des LV Marswiese. Für das weibliche Geschlecht galt die Strecke, die großteils über schwieriges Kopfsteinpflaster zu bewältigen ist, als „unzumutbar“. Übrigens: „Die erste Siegerin war Dorothea Hennings, jetzt „Dorli“ Grolig, die immer noch im Gehsport aktiv ist“, berichtet Reinhard Uhlich, langjähriger Moderator des Traditionslaufs und selbst ehemaliger Vereinssportler. Uhlich hat auch diesmal das Event kommentiert und darüber hinaus akribisch die Leistungen der Läufer*innen über die letzten Jahrzehnte dokumentiert.

Reich gepflastert mit grandiosen Ausblicken

Heute führt die Strecke vom Parkplatz Leopoldsberg zum Kahlenberg und von dort bis zum Cobenzl. Danach geht’s zum Häuserl am Roan und abschließend durch die Schwarzenbergallee zum Ziel auf die Marswiese in Neuwaldegg. Für den Verkehr wurde die Route Ende der 1970er-Jahre gesperrt. Die Rennstrecke besticht unter anderem durch ihre beeindruckenden Aussichtspunkte. „So soll schon so manche Läuferin und mancher Läufer beim Blick über Wien, beispielweise beim Cobenzl oder beim Häuserl am Roan, einige Minuten verloren haben“, stellt Herzog fest, der selbst als Aktiver dreimal bei einem der „schönsten Straßenläufe Österreichs“ mitgemacht hat. Und bekräftigt, dass „fast alle Größen der Österreichischen Laufszene schon daran teilgenommen haben“.

Höhenstraßenlauf Frauen

Zwischen Tradition, Herausforderungen und schönen Erlebnissen

Der Höhenstraßenlauf hat sich von einem Ein-Mann-Betrieb zu einem Ganzjahresevent entwickelt, das rund 100 Personen beschäftigt. So werden bereits im Winter „die formalen Voraussetzungen geschaffen. Bis zu 40 verschiedene Stellen beziehungsweise Behörden wie Polizei, Magistrat, Rettung etc. sind da involviert“, legt Herzog dar und gibt zu: „Die Veranstaltung stand schon öfters vor der Einstellung“. Aber Dank des bestimmten Auftretens des Funktionärs, ist es gelungen, das Laufevent kontinuierlich auszutragen. Das Budget für den Höhenstraßenlauf liegt bei 10.000 bis 12.000 Euro. Viel Geld fließt dabei in die Wiener Verkehrsbetriebe. Denn für das Nichtfahren des 38A am Cobenzl müssen 2.000 Euro einkalkuliert werden. Weitere Herausforderung ist, dass die Preisgelder vor ein paar Jahren mangels Sponsoren ersatzlos gestrichen wurden. Doch trotz alledem: „Es zahlt sich aus, es gibt zum Glück kein Minus“, bestätigt der Obmann des LV Marswiese. Zudem freut der Vize-Präsident des ASVÖ über unzählige schöne Erlebnisse. Ein Beispiel: „Unsere Transportbusse bringen alle Teilnehmer*innen von unten beim Treffpunkt Marswiese hinauf zum Start auf den Leopoldsberg. Einmal ist ein Fahrzeug im Graben gelandet. Alle sind Gott sei Dank unverletzt und unbehelligt in die Ersatzbusse umgestiegen. Schön, dass trotz des Unfalls nix passiert ist“, versichert Herzog.

Höhenstraßenlauf Filu

Der Wiener Höhenstraßenlauf 2023 in Zahlen

Alle aktuellen Ergebnisse zum 75. internationalen Wiener Höhenstraßenlauf und den vorangegangenen Jahren gibt es hier.

Fotos: ©ASVÖ; ©Thorsten Vincetic
Quellen: Archiv des Reichsbundes für Turnen und Sport: Das Kleine Volksblatt und Wiener Montag; o.D.